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Tino Standhaft & Band play Eric Clapton / Parkbühne Geyserhaus Leipzig 18.09.2015

 

 

Wonderful Tonight            

 

Ich hatte in mancher Hinsicht eine schwere Woche hinter mir und war mir nicht sicher, ob ich Freitagabend noch Bock hätte, außer Haus zu gehen. Auf ärztliches Anraten meines Freundes Stephan hin raffte ich mich dann doch auf – gottlob! Es keimte auch ein Funken Hoffnung in mir, dass Standhaft vielleicht im Gedenken an Jimi Hendrix‘ 45. Todestag „Little Wing” anstimmen würde.

Als kurz nach acht der proppenvollen Arena verkündet wurde, dass heute ein Clapton-Programm zu Gehör gebracht werde, sanken zwar die Chancen dafür, aber auch Slowhand hatte das Stück schon gespielt – na mal sehen… Schon bei den ersten Takten war klar, dass wir uns im richtigen Zielgebiet befinden, „White Room”, gute alte Cream-Zeiten und ein Schmunzeln auf meinen Lippen, weil ich bei diesem Stück immer an den Rockpallast denken muss, in dem Billy Cobham, der gemeinsam mit Jack Bruce auftrat, tatsächlich sagte: „Ich weiß nicht, was Ginger bei ‚White Room‘ gemacht hat.” Ich glaube nicht, dass Björn Kerstan, der Standhaftdrummer, eine wirklich befriedigende Antwort für den Übertrommler des Mahavishnu Orchestras  gehabt hätte, aber solide musiziert wurde von ihm und den anderen Standhaften allemal.

Das zweite Stück beginnt mit einem wundervoll perlenden E-Piano-Intro und was dann folgt, könnte man wohl bezeichnen als das Great Clapton Songbook mit Stücken aus allen Schaffensphasen des Meisters, aus der Cream-Ära, von Derek & The Dominos und von den Soloalben. Standhaft fragte beim Publikum Wunschtitel ab, so als sei die Band eine Clapton-Juke-Box. Natürlich konnten dabei nicht alle Wünsche berücksichtigt werden, so verhallte auch mein lauthals eingefordertes „Old Love” – Naja, You Can’t Allways Get What You Want. Dafür aber kam ein knackiger „Bell Buttom Blues” und natürlich „Layla” in der Unpluggedversion, ein Stück auf das bestimmt ein Großteil des Publikums unverzichtbar gewartet hatte.

Dass die Band, allen voran Tino’s kongenialer Gitarrenpartner Norman Daßler auf ganz hohem Niveau spielt, dürfte bekannt sein, doch am heutigen Abend kam zur offensichtlichen Spielfreude und guten Laune der Band noch ein enthusiastisches Publikum und die laue Spätsommernacht hinzu – nicht zu unrecht also wurde auch „Wonderful Tonight” gespielt.

In Erinnerung an das Konzert der Band vor einem Jahr an gleicher Stelle meinte Standhaft dann, „Damals waren wir die Stones, heute sind wir Clapton – mal sehen was noch kommt, Suzi Quatro?!”. Ich würde sagen, es gäbe noch viele Alternativen und bis zu der kleinwüchsigen Frau aus Detroit ist noch viel Luft nach oben – oder sollte man an dieser Stelle besser formulieren nach unten?!

Nach etwas ruhigerem Material kam die Band bei „Bad Love” richtig auf Touren und als im Anschluss „I Shot The Sheriff” gegeben wurde, meinte ich, der Zenit des Abends sei erreicht, großartig! Als dann Stücke von Clapton’s erster Solo-LP gespielt wurden, erinnerte sich Stephan daran, dass er seinerzeit mit mütterlicher Hilfe (!) in den Besitz der entsprechenden Tonbandkassette gekommen sei und welche, ihm bis dahin versagten Möglichkeiten beim weiblichen Geschlecht, ihm dieser Tonträger verschafft habe.

Hatte ich mit „Old Love” ins Leere gezielt, so war der vor mir stehende Konzertbesucher, der ebenso lautstark „After Midnight” gefordert hatte, erfolgreicher. Und natürlich kam auch „Cocaine”, ein Muss bei einem Clapton-Konzert! Standhaft: „Warum brüllt Ihr immer so, wenn es um Drogen geht?”. Dann näherte sich der Zeiger der Zehn – der Zeitpunkt, an dem ich dachte, dass man aufgrund der Wohngebietsnähe sicher zum Ende kommen werde. Die Band verließ auch kurz die Bühne und kam sofort zur Zugabe zurück. Sie spielten „Tears In Heaven” ebenso anrührend, wie es uns von Clapton selbst in die Ohrwindungen gebrannt ist. Ehrlich gesagt war ich froh, dass noch ein ebenso schönes Stück folgte, da ich selbst gerade einen Freund zu betrauern habe, wollte ich ungern mit der Erinnerung an Claptons tödlich verunglückten Sohn entlassen werden. Es war sehr versöhnlich und kurz nach zehn – sicher wären jetzt alle beseelt nach Hause gegangen, da traute ich meinen Ohren und Augen nicht: Sie gingen noch nicht von der Bühne und plötzlich schwang ein leicht verfremdetes aber unverkennbares Riff über dem Auditorium: „Gimme Shelter” – eine Version wie in Beton gegossen, der nach Rolling-Stone-Umfrage und auch meiner Meinung nach ‚größte Stones-Titel aller Zeiten‘ etwas in Slowmotion und von der musikalischen Brillanz der akustischen Version, die Tino und Norman vor kurzem in Lochwitz zum besten gaben absolut ebenbürtig – ein grandioses Finale! Dachte ich, aber was dann noch geschah, war unglaublich, Rolling Eric Standhaft gab uns den Onkel Neil: „Hey Hey, My My” und schließlich „Rockin‘ In The Free World” – im Publikum war keiner mehr zu halten und auch auf der Bühne war die emphatische Spielfreude zu spüren – es war phantastisch!

Bei diesen Hymnen werden Jimi da oben die Ohren geklungen haben, auch wenn „Little Wing” bei dieser Messe nicht zelebriert wurde – dieses Konzert war des Meisters würdig!   Götz

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